Objekt im Fokus

Der Fran­zö­sische Mili­tär­zug TMFB

Der Eskortewagen des TMFB, Train militaire français de Berlin, auf dem Freigelände des AlliiertenMuseums, AlliiertenMuseum/Eberle&Eisfeld Fotografie

Der Waggon des Train militaire français de Berlin (französischer Militärzug von Berlin), der auf dem Freigelände des AlliiertenMuseums steht, tritt in den Abendstunden des 26. August 1994 seine letzte Fahrt an. Allerdings nicht auf dem Schienenweg, sondern auf der Ladefläche eines Schwertransporters: Vom Gare française Berlin-Tegel im früheren französischen Sektor geht es über Stadtautobahn und Avus in das neue Museum, das sich gerade im Aufbau befindet. Hier erinnert er seitdem an ein wenig bekanntes Kapitel der Geschichte des Kalten Krieges: die Militärzüge der Westmächte.

Ein Früh­warn­sys­tem im Kal­ten Krieg

Am 10. September 1945 verständigen sich die vier Siegermächte im Alliierten Kontrollrat darauf, dass die Westmächte täglich maximal sechzehn Militärzüge zwischen Berlin und den westlichen Besatzungszonen einsetzen dürfen. Diese Züge dienen dem Transport von Gütern und Fahrgästen. Fast fünf Jahrzehnte erfolgt die Fahrt über die Strecke Potsdam – Marienborn – Helmstedt quer durch die sowjetische Besatzungszone, die spätere DDR. Auf diesen knapp 200 Kilometern werden die alliierten Züge nicht von eigenen Lokomotiven gezogen, sondern von Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn, einem Staatsunternehmen der DDR.

Höhepunkt jeder Fahrt ist der Halt in Marienborn. Hier findet auf der Hin- wie auf der Rückfahrt die Grenzkontrolle statt. Das sowjetische Militär prüft die vom alliierten Zugkommandanten vorgelegten Reisebefehle und vergleicht sie mit den Passagierlisten. Dies geschieht außerhalb des Zuges – betreten darf ihn das sowjetische Personal nicht. Zu den Passagieren zählen Angehörige der in West-Berlin stationierten Streitkräfte sowie ihre Freunde und Familien. Deutsche dürfen nur in den ersten beiden Jahren mitfahren. Die Waggontüren bleiben spätestens seit 1961 mit besonderen Sicherungen von innen fest verschlossen, um zu verhindern, dass Flüchtlinge aus der DDR in den Zug gelangen.

Trotz der Absprachen vom September 1945 führen die zunehmenden politischen Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion auch zu Behinderungen im freien Zugang von und nach Berlin. Bis am 24. Juni 1948 mit der sowjetischen Berlin-Blockade der gesamte westalliierte Zugverkehr zum Erliegen kommt. Die Blockade trifft die Westmächte trotz aller Vorwarnungen unvorbereitet und führt zum Entschluss, sich in Zukunft besser dagegen zu wappnen.

Nach Aufhebung der Blockade und dem Wiederanrollen des Berlin-Verkehrs im Mai 1949 weisen die Westmächte ihren Militärzügen die Rolle als eine Art Frühwarnsystem zu: Indem sie täglich im sowjetischen Machtbereich verkehren, lässt sich am Ablauf der Grenzkontrolle oder an Behinderungen auf der Strecke ablesen, ob möglicherweise neue politische Komplikationen drohen. Den Hauptquartieren der Westmächte in Berlin wird jeder noch so kleine Zwischenfall über Funk gemeldet. Des Weiteren stellen die Westmächte mit dem Einsatz der Militärzüge sicher, dass die Sowjetunion immer wieder in die Vier-Mächte-Verantwortung für Berlin und Deutschland eingebunden wird. Den Fahrgästen der Militärzüge dürfte diese politische Brisanz ihrer Reise in der Regel kaum bewusst gewesen sein.

Plakat mit der Route des TMFB quer durch die DDR und die Bundesrepublik, 1980er Jahre, AlliiertenMuseum
Verhaltensregeln für die Reise mit dem französischen Militärzug, 1980er Jahre, AlliiertenMuseum
Faltblatt mit den Ankunfts- und Abfahrtzeiten des französischen Militärzuges, 1980er Jahre, AlliiertenMuseum
Laissez-Passer für die Nutzung des französischen Militärzuges, 1959, AlliiertenMuseum
Der französische Bahnhof in Berlin-Tegel im französischen Sektor, 1950er Jahre, AlliiertenMuseum

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